Warum Wien als morbide gilt
Nun, die einen sagen, es liegt am Wetter. Im Winter ist es immer windig, wirklich immer. Die kühlen Temperaturen, die über die pannonische Ebene herüberziehen, fühlen sich immer um 20 Grad kälter an. Dafür gibt es im Sommer, wenn die drückende Hitze über die Stadt hereinfällt, genau keinen Wind. Nie. Wenn das nicht ein wenig morbide macht, was sonst.
Aber Spaß beiseite, es gibt noch einige andere Gründe, warum es in einem Lied von Georg Kreisler heißt „Der Tod, das muss ein Wiener sein“. Die Wiener haben nun einmal ein besonderes Verhältnis zum Tod – und das ist geschichtlich bedingt.
Die Habsburger: Bestattungen der besonderen Art
Seit 1654 gehörte es zum Wiener Hofzeremoniell, das Herz von Verstorbenen separat zu bestatten. Dazu kam es, weil der Monarch sein Herz nach seinem Tod „Der Marienstatue zu Füßen legen“ wollte. In Wien fand man das alsbald schick und so wurde es Brauch, die Körper der verstorbenen Habsburger in der Kapuzinergruft, die Herzen in der Loretokapelle und die Eingeweide in der Herzogsgruft im Stephansdom zu bestatten.
Wer nun denkt, das sei Schnee von gestern, wird staunen: Das Herz des letzten Kaisersohnes Otto von Habsburg wurde 2011 getrennt bestattet, und zwar in der ungarischen Abtei Pannonhahna. In der Wiener Loretokapelle stehen heute 54 Herzurnen, weshalb man die Kapelle auch liebevoll „Herzgrüftl“ nennt. Wem das noch nicht gruslig genug war, der kann einen ausführlichen Bericht zum Thema in der Süddeutschen nachlesen.
„A schene Leich“: In der Kaiserstadt ein Muss
„A schene Leich“, das war im kaiserlichen Wien ein Muss und ist für so manchen Wiener heute noch ein Thema. Kein Wunder, lange Traditionen schreiben sich ins Gedächtnis der Gesellschaft ein. „A schene Leich“, also ein schönes Begräbnis, zu bekommen, das bedeutete für viele Wiener der Kaiserzeit, ein Leben lang dafür sparen zu müssen.
Wer sich von dieser Tradition überzeugen möchte, sollte das Bestattungsmuseum in Wien aufsuchen, in dem unzählige Exponate ausgestellt sind. Diese zeugen von fürstlichen Begräbnissen mit prunkvollen Sargtüchern – Luxus, den sich die Menschen im Leben nicht gönnten.
Noch mehr Tod gefällig? Hier gibt es noch viel Wissenswertes über getrennte Bestattungen und warum das zur Zeit der Kreuzritter besonders praktisch war.